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Schneeschuhtour in der Malá Fatra (Slowakei)

Tag 1: Anreise und erste Bekanntschaften mit der slowakischen Küche – Tee ist nicht gleich Tee …

7 Uhr morgens war Startschuss am Erfurter Bahnhof; Pavlo und Alex steigen zu Beate & Chris und Pascal in den Bus. Auf dem Weg zur A4 sammeln wir auf dem Haarberg Kathrin & Bodo eine und eine Stunde später auf einem Rastplatz bei Chemnitz noch Michael. Das Team ist komplett.

Wir sind flott unterwegs, kommen ohne Probleme durch und sind ruckzuck an Dresden und Prag vorbei. Am Nachmittag landen wir in Strečno in der Slowakei, unserem Ausgangspunkt für unsere 6-tägige Schneeschuhtour in der Malá Fatra. Auch hier – null Schnee und deutliche Plusgrade!

Geplant ist eine Kammwanderung über den nördlichen Teil, der Krivánska Fatra. Nachdem wir unsere Ferienwohnung bezogen haben, reiten wir noch im riesigen Tesco-Supermarkt in Žilina ein, versorgen uns mit Frühstück für den nächsten Morgen und slowakischen Köstlichkeiten; v.a. Waffeln und Waffelröllchen. Anschließend stärken wir uns in einer Pizzeria, die auch traditionelle Küche anbietet. Es gibt Knoblauchsuppe und slowakische Piroggen, und: Tatra Tee … ist aber kein gewöhnlicher Kräutertee mit Kräutern aus der Region, sondern ein hochprozentiger Likör, der in der Slowakei in JEDER Kneipe zu finden ist. Er schmeckt uns auf Anhieb und wird uns die gesamte Tour über begleiten.      

 

Tag 2 – Der Aufstieg oder die Suche nach Schnee… 12,7 km und 890 hm 

Die Sonne scheint! Dazu zweistellige Temperaturen… wollen wir ernsthaft eine Schneeschuhtour machen?! Es erscheint völlig abwegig …

Nach einem gemeinsamen Frühstück werden die Schneeschuhe trotzdem an den Rucksack geschnallt. Vor dem Abmarsch wird beides noch mal gewogen… zwischen 14 und 20 kg ist alles dabei! Daran muss man sich echt erst mal gewöhnen… aber - mit leichter Klamotte und Sonne im Herzen laufen wir los. Die ersten 4 km führen entspannt am Fluss Waag entlang. Dann geht es straight hoch – erstes Highlight ist die verfallene Burgruine Starý Hrad, die Alte Burg hoch über der Waag mit einer tollen Aussicht auf die Waag-Schleife und die Berge. Bodo philosophiert über’s Paddeln… Schnee sehen wir allerdings weiter nicht. Wir schrauben uns immer höher, gelangen über den Plešel (981 m) zu unserer ersten Hütte, der Chata pod Suchým, der Hütte unter dem Suchý, auf 1.075 m Höhe. Auch hier – null Schnee. Aber gemütliche Zimmer und leckere Küche. Pavlo verzichtet auf den Hüttenkomfort und zeltet. Nach Kaffee & Strudel drehen ein paar von uns noch eine Extra-Runde rund um den Kopa (1.140 m). Am Abend gibt es einen beeindruckenden Sonnenuntergang, und wir lernen Strapačky und Bryndzové Halušky kennen, beides Nationalgerichte in der Slowakei, die wir sofort auf die „Das-essen-wir-jeden-Abend“-Liste setzen.

 

Tag 3 – Vom Winde verweht bzw. Sturm ist gar kein Ausdruck… 12,7 km und 890 hm 

Schon mal was von „Hemendex“ gehört? Klingt wie „Ham & Eggs“ und genau das ist es auch. Die Slowaken haben sich nur eine lustigere Schreibweise angeeignet, aber schmecken und stärken tut es genauso. Trotzdem ziehen wir mit einem etwas mulmigen Gefühl los… es ist ziemlich windig draußen. Von der Hütte aus geht es erst mal ziemlich steil hoch auf den Kammweg. Auf dem Weg zu unserem ersten Gipfel, den Suchý auf 1.468 m verändert sich so allmählich der Untergrund… aus gut begehbarem Waldboden wird ein vereister harscher Trail, schmal und steil. Hätten wir doch die Grödel mitgenommen – denkt sich so mancher. Alex hat ein paar Überzieher mit Spikes dabei und gibt Halt, wenn andere ins Rutschen kommen. Irgendwann wird die Schneedecke dicker und nur mit den Wanderschuhen ist es ein ganz schönes Geiere. Also ziehen wir die Schneeschuhe an und sofort geht es besser. Allerdings bläst der Wind auf dem Kamm gewaltig. Es sind zwar immer noch Plusgrade, aber durch den Wind fühlt es sich deutlich kälter und verdammt eisig an. Der Nebel wird auch immer dichter, so dass wir manchmal den Hinter- oder Vordermann nach nur drei, vier Schritten nicht mehr sehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit schockt uns Pavlo, dass wir erst 4,5 km geschafft haben… von knapp 13. Es hat sich nach deutlich mehr angefühlt. Also kämpfen wir uns weiter gegen den Wind voran. Ringsherum sehen wir NICHTS. Die Gegend lässt sich nicht einmal erahnen. Alles nur weiß und grau. Dass wir Gipfel um Gipfel erobern, erkennen wir nur an den Schildern… Suchý 1.468 m, Stratenec 1.512 m, Pekelnik 1.609 m. Den Malý und Veľký Kriváň, die beide eigentlich nur ein paar Meter abseits des Weges liegen, müssen wir wegen des Wetters auslassen. Bizarr sind manche nahezu windstillen Passagen: Hier machen wir Pause und fragen uns, was uns vor dem Wind schützt, da wir es nicht sehen. So geht es weiter – bis ein Schild unser Ziel in 20 min ankündigt. Wir mobilisieren noch mal alles, was geht und schaffen es ohne Zwischenfälle in die Chata pod Chlebom, die Hütte unterm Chleb. Fast sieben Stunden waren wir in dieser Wetterküche unterwegs. Natürlich gibt es sofort Kaffee, Tee, Strudel! Die Hütte ist komplett neu aufgebaut, sehr modern und trotzdem gemütlich und rustikal. Die Zimmer beeindrucken mit Dreistockbetten! Pascal traut sich als einziger, ganz oben zu schlafen, stößt sich dabei auch mehrmals den Kopf an der Decke. Weil es ihm da oben zu warm ist, zieht er mitten in der Nacht aus und baut sein Zelt neben Pavlo auf, der natürlich auch wieder draußen schläft. Der Morgen belohnt die beiden mit guter Sicht und sogar ein bisschen Sonne.

Tag 4 – Gipfelsturm auf den Veľký Kriváň… 7,5 km, 530 hm

Nach dem harten Tag gestern wollen wir’s heute gemütlich angehen. Wir bleiben einen Tag in der Hütte und wollen mit leichtem Gepäck auf den Veľký Kriváň – mit 1.708 m der höchste Berg in der Malá Fatra. Rund um die Hütte hält sich der Wind noch in Grenzen, aber umso höher wir kommen, desto windiger wird es. Nicht so heftig wie gestern, aber es bleibt unangenehm. Dafür liegt hier oben nun wirklich viel Schnee. Er ist zwar sulzig, nass und schwer, aber die Schneeschuhe fühlen sich trotzdem wohl. So können wir querfeldein auf den Kriváň hochstapfen und treffen ein paar Skitourengeher, für die das hier ein Paradies ist. Oben auf dem Kriváň bläst es wieder gewaltig. Pavlo bekommt trotzdem einen akkurat geraden Kopfstand hin, er steht wie eine Eins und wackelt trotz Sturm nicht mal ansatzweise. Das Wetter ist heute deutlich freundlicher und deshalb haben wir von hier oben einen sensationellen Ausblick auf die Malá Fatra und den Kammweg. Wir sehen endlich, was wir schon geschafft haben, und auch, was noch vor uns liegt. Da ragen noch einige Gipfel in den Himmel… Das Besondere an der Malá Fatra ist, dass der Kammweg nahezu komplett baumfrei ist, obwohl die Berge nicht sehr hoch sind. Im Sommer sind es also liebliche Grasberge, im Winter weiße Schneeriesen, die heute sogar von der Sonne angestrahlt werden.

Vom Kriváň aus geht’s direkt ins Restaurant der Bergstation am Sessellift. Einen Skihang gibt’s hier nämlich auch. Mittagspause. Nach Krautsuppe, Kaffee & Kuchen nehmen wir den Chleb auf 1.647 m in Angriff. Von hier aus sieht man erst so richtig, wie groß und gewaltig der Kriváň ist, er überragt wirklich alles, ein beeindruckender Berg! Nach dem Chleb geht die Hälfte der Truppe zurück in die Hütte, Bodo, Pavlo, Pascal und Alex gehen noch ein Stück weiter auf dem Kamm und explorieren den Weg für den nächsten Tag. Relativ frische Lawinenabgänge zerschlagen allerdings die Idee, über den Hang auf- bzw. abzusteigen, zu gefährlich. Also geht es auf dem Kammweg über die Gipfel Steny, Hromové und Chleb zurück zur Hütte. Und das wird auch die Route für die nächste Etappe sein.

Am Nachmittag gibt’s noch ein Bad im „Swimmingpool“… Kathrin & Bodo, Pavlo und Pascal trauen sich tatsächlich in das kleine Wasserbecken vor der Hütte…   

Tag 5 – Schneeschuhe an, Schneeschuhe ab …

Der Tag beginnt mit vielen Wolken, aber es ist nicht mehr so windig. Nach dem Frühstück werden die Rucksäcke wieder schwer bepackt … sie werden einfach nicht leichter.

Wir stapfen von der Hütte aus wieder hoch auf den Chleb und von dort weiter auf dem Kamm entlang tendenziell bergab. Der Schnee wird immer weniger und am Berg Poludňový Grúň ziehen wir die Schneeschuhe aus und wandern über weichen, z.T. matschigen Wiesenboden. Es regnet kurz, und dann kommt sogar ein bisschen Sonne raus. Dann liegt auch wieder deutlich mehr Schnee, und wir ziehen die Schneeschuhe wieder an. Vor uns baut sich riesenhaft und gewaltig unser letzter Gipfel auf… der Stoh mit noch mal stolzen 1.607 m. Am Fuße des Berges rasten wir und stärken uns, über 300 Hm liegen vor uns. Nachdem wir die Schneeschuhe schon wieder ausgezogen hatten, brauchen wir sie jetzt wieder. Nur Pavlo zieht ohne Schneeschuhe durch. Der Weg auf den Berg ist lang und z.T. sehr steil. Wir kommen ganz schön ins Schnaufen. Wieder Schneeschuhe an und ab, an und ab. Manche verzichten und stapfen auch über die Wiesenwege mit Schneeschuhen. Klappt mit der Aufstiegshilfe sogar ganz gut. Vom Gipfel aus sehen wir dunkle Regenwolken auf uns zukommen … und machen uns auf’s Schlimmste gefasst. Unser Nachtlager, der Sedlo Medziholie ist jetzt nicht mehr weit weg, nur noch absteigen. Dort angekommen, lassen wir den Schnee nun hinter uns, und bauen am Fußes des Veľký Rozsutec unsere Zelte auf, holen frisches Wasser an einer Quelle und Chris zaubert sein berühmtes Drei-Gänge-Menü: Vorsuppe, Linseneintopf, Griespudding. Lecker!! Der Regen ist Gott sei Dank ausgeblieben, die Wolken haben es – anders als wir – nicht über den Stoh geschafft. 19.30 Uhr verschwinden alle in ihren Zelten und versuchen zu schlafen, was dem einen mehr, dem anderen weniger gelingt. Vielleicht liegt’s auch daran, dass es der einzige Abend ohne Tatra Tee ist …

Tag 6 – Abstieg nach Petrová

7.30 Uhr weckt Alex alle mit Tassengeklimpere. Ein traumhafter Morgen mit Sonne, ein zartes Wolkenmeer über dem Tal und blauer Himmel über dem Veľký Rozsutec, der so ganz anders aussieht als alle anderen Berge in der Malá Fatra. Ein riesiger felsiger Klotz ist das, 1.609 m hoch, Bodo und Chris philosophieren, dass es sich hier bestimmt gut klettern lässt. Wir kochen Tee, Kaffee und Porridge, während schon die ersten Wanderer aus dem Tal auf dem Sattel ankommen. Wir beschließen, den Veľký Rozsutec auszulassen – mit den schweren Rucksäcken könnte die Kletterei u.U. ziemlich schwierig werden. Nachdem die Zelte wieder verstaut und die Rucksäcke gepackt sind, traversieren wir unterhalb des Veľký Rozsutec auf den nächsten Sattel. Auch dieser Weg ist nicht ganz einfach, vereiste harsche Schneepassagen und Waldwege mit Wurzeln und Steinen wechseln sich ab. Wir entdecken erste Frühlingsblüher, Schneeglöckchen und Krokusse. Am Sattel legen wir eine Pause ein und beschließen, auf den Malý Rozsutec  zu klettern. Bodo, Pavlo, Pascal und Alex ziehen los, während der Rest in der Sonne liegt. Auf dem Gipfel in 1.344 m Höhe haben wir einen tollen Blick auf unseren verschneiten Kammweg. Wahnsinn, da oben waren wir!! Und wir lernen Josef kennen, der uns eine Kneipe in Žilina empfiehlt … wir sollten ihn nicht zum letzten Mal sehen…

Zusammen mit dem anderen geht es weiter runter nach Petrová. Der Abstieg durch den Wald über Steine und Wurzeln ist ziemlich steil und knieunfreundlich und zieht sich in die Länge. In Petrová gehen wir erst mal lecker essen und organisieren ein Taxi nach Strečno. Kathrin, Beate und Alex holen anschließend den Bus, sammeln die (betrunkenen) Männer ein und bringen alle wohlbehalten in die Ferienwohnung. 

Tag 7 – Was die Malá Fatra noch so zu bieten hat

Chris hat sich heute für einen Snowboardtag entschieden. Der Rest der Truppe schaut sich die Arwa-Burg in Oravský Podzámok an. Eine der schönsten mittelalterlichen Burgen in der Slowakei in spektakulärer Lage: Mitten auf einer steilen Felsenklippe unglaubliche 112 m über dem Fluss Orawa! „Nosferatu“ wurde hier zum Beispiel gedreht! Nach einem Mittagessen sammeln wir Chris wieder ein und gehen auf dem Heimweg noch in einer Käserei vorbei und kaufen natürlich auch reichhaltig ein. Am Abend dann noch mal zwei absolute Highlights: Wir schauen uns das Eishockey-Spitzenspiel in der zweiten Liga an – der Tabellenerste, die Wölfe Žilina, gegen den Tabellenzweiten Prešov. Žilina gewinnt mit 6:3. Danach suchen wir noch die Kneipen-Empfehlung von Josef auf… finden die Kneipe auch tatsächlich – irgendwo in einem Hinterhof fernab aller Touristenströme – treffen dort zuuufällig auch Josef wieder, was natürlich in einem Bier- und Tatra-Tee-reichen Abend mündet.

Tag 8 – Heimfahrt

… ohne Probleme

Text: Alexandra Zielinski          Fotos: Erfurt alpin: Alexandra, Pascal, Kathrin, Bodo, Pavlo