© Chris Ulber

Mont-Blanc-Überschreitung

Regen, Regen, Regen, Regen, Regen, Regen, Regen, Nieselregen, Regen, Regen, Regen, Regen, Regen, Starkregen, Regen, Regen, Regen, Überschwemmungen – es gab nicht viel Abwechslung auf der Autofahrt in die Alpen. Das Wetter änderte sich nicht und auch das Radio kannte kein anderes Thema. Wir wurden immer unsicherer, ob wir überhaupt irgendwo auf die Berge kommen würden oder ob alles unter einer meterhohen Schneedecke begraben sein würde. Schließlich merkte Chris, dass er seine Regenjacke vergessen hatte. Unpraktisch bei diesen Bedingungen … also runter von der Autobahn und ab zu Decathlon. Jetzt hatten zwar alle Regenjacken, doch auch im Wallis wurde das Wetter nicht besser. Also riefen wir in den Hütten an. Dort war alles gut, sehr viel Schnee, doch dafür kein Blankeis. Mit sehr viel neugewonnener Zuversicht parkten wir schließlich oberhalb von Täsch und richteten uns im Bus für die Nacht ein. Zur Akklimatisierung sollte es erst mal auf den Alphubel gehen. 

Der nächste Tag sollte ein kurzer sein. Nur schnell zur Täschhütte, gemütliche 1,5 Stunden. Nachdem wir nun aber schon 1,5 Stunden gelaufen waren und ein Schild erschien, dass uns auf weitere 1,5 Stunden vertröstete, merkten wir, dass wir komplett falsch gelaufen waren. So hatten wir uns wenigstens auf einer schönen Runde mit dauerhaftem Nieselregen eingelaufen. Direkt vor der Hütte hätten wir diese fast wieder verpasst. Wir standen 20 Meter vor ihr und sie war durch den Nebel nicht auszumachen. 
Der nächste Morgen zeigte sich dann ganz anders, sternenklar und recht warm. So gestaltete sich dann auch der Aufstieg sehr einfach. Der Neuschnee war zu einer Firnschicht verfestigt und eine gute Spur war ausgetreten. So kamen wir ziemlich schnell hoch. Auf dem Grat kam schließlich sehr kalter Wind auf, was es dann doch etwas anstrengender werden ließ. Die Schlüsselstelle, ein 40 Grad steiler Schneehang, war dann auch recht einfach zu begehen, da das Blankeis, welches normalerweise alles schwieriger gemacht hätte, mit einer dicken Schneeschicht bedeckt war.

Der Abstieg hatte sich dann doch etwas in die Länge gezogen. Nach 1500 Metern Aufstieg noch mal 2000 Meter runter zehrte dann doch sehr an den Kräften. Zusätzlich wurde es sehr warm und der Schnee gab bei jedem Schritt nach, sodass wir immer mal bis zur Hüfte im Schnee stecken blieben. Zum Glück war auf der Hälfte der Strecke ein Bergsee und eine kleine Ecke nicht mehr von Eis bedeckt, ideale Badebedingunen nach einer langen und anstrengenden Tour. 
Anschließend fuhren wir gleich ins Val Veny auf die italienische Seite des Mont Blanc. Von hier aus stand die Überschreitung dieses gigantischen Eis- und Felsklotzes an. 
Den ersten Tag ging es die ganze Zeit über einen Gletscher, der kaum danach aussah. Die komplette Oberfläche war von der Mittelmoräne bedeckt. Vom Gletscher aus ging es dann in wunderschöner einfacher Kletterei zum Refugio Gonella. Dort hieß es dann früh ins Bett zu gehen, um wenigstens ein bisschen Schlaf zu bekommen. Als dann die Wecker 23:45 Uhr klingelten, war es natürlich trotzdem viel zu früh. Doch ab 0:00 Uhr gab es Frühstück. Also wurde alles irgendwie in sich und den Rucksack reingestopft und es ging los. Erstaunlicherweise waren wir nicht die Letzten -das hatten wir noch nie geschafft. Ewig ging es nun in einer Kopflampen-Karavane durch die Nacht über Gletscher hoch. Der Boden war festgefroren, sodass wir bestens und erstaunlich schnell hochkamen. Sehr schnell überschritten wir so die 4000-Meter-Grenze. Vor uns türmte sich nun der 4810 m hohe Gipfel des Mont Blanc auf. Zum Greifen nah wirkte er. Doch waren es noch 800 Höhenmeter, die nicht zu schrumpfen schienen. Dazu zog ein eiskalter Wind auf, sodass nun auch alle Pausen äußerst unangenehm wurden. Sehr langsam ging es jetzt den Grat hoch. Auf dem Gipfel hielten wir es dann auch nicht lange aus. Nur schnell ein Gipfelfoto und dann den Hang auf der anderen Seite runter in den Windschatten.

Von oben wirkte der Abstieg dann auch wieder deutlich kürzer als erwartet, ständig ging es wieder ein bisschen hoch und ewig wieder runter. Der Schnee wurde wieder ziemlich sulzig und jeder Schritt wurde sehr anstrengend. Berg runter konnten wir dafür auch immer ein Stück mit dem Schnee rutschen. Unterhalb des Mont Maudit erwartete uns schließlich noch eine Abseile an einem steilen Schneehang. Doch auch das ging noch. Es brauchte nur mehrere Seilfizze und ein zu kurzes Seil. Danach querten wir noch große Gletscherebenen und bestaunten gewaltige Gletscherbrüche. Schließlich erreichten wir nach einem erneuten kräfteraubendem Aufstieg die Refuge des Cosmiques. Am nächsten Tag stand dann nur noch die Fahrt mit der Bergbahn zurück nach Italien und die anschließende Fahrt zurück nach Erfurt an. 
Insgesamt eine wunderschöne und sehr anstrengende Tour auf ziemlich hohe Berge mit grandiosen Bedingungen. Und die Rückfahrt? Sonnenschein, Sonnenschein, Sonnenschein…

Bericht: Hans Böhm